2 Milliarden Reichsmark für ein Bier

Wilhelm Schnitzler, der jüngste Bruder unseres Dorfchronisten Hermann Schnitzler, wurde Ostern 1919 aus einem Lazarett in Hersfeld entlassen. Man hatte ihm in den letzten Tagen des 1. Weltkrieges in die Schulter geschossen. Er zog mit seiner Frau nach Köln und wurde Fahrer eines Postwagens. Kurz nach dem Weltkrieg war dieser noch mit Pferden bespannt.

Am 1. Oktober 1923 erhielt er nun sein Gehalt in Höhe von 2 Milliarden Reichsmark. 2 Milliarden Reichsmark – was für eine Summe. Im Zuge des Jahres 1923 kam es in der Weimarer Republik zu einer Hyperinflation. Der Versailler Vertrag überzog das Deutsche Reich mit erheblichen Reparationszahlungen für Kriegskosten in den Siegerländern. Weil die Deutschen im 1922 Schwierigkeiten bekamen die Leistungen an die Sieger zu zahlen kam es zur Besetzung des Rheinlandes durch die Franzosen.

Es kam zu einem Generalstreik und um die Streikenden bei Laune zu halten, hatte die damalige Reichsregierung unter Kanzler Cuno die Idee Geld zu zahlen. Da nicht genug Geld vorhanden war, wurde einfach gedruckt, was das Zeug hergibt. Damit kam es zur Hyperinflation.

Der Dollarwechselkurs erhöhte sich im Zeitraum vom 01.02.1923 bis 09.11.1923 von 49.000 Reichsmark auf 628.500.000.000 Reichsmark je Dollar. Wilhelm Schnitzlers Lohn hatte am 01.10.1923 einen Gegenwert von 6,81 Dollar.

Sofort nach erhalt kam er nach Wissersheim zu seinem Vater und kaufte von ihm für die 2 Milliarden acht Zentner (400 Kg) Kartoffeln. Drei Wochen später gab der Vater die 2 Milliarden unserem Chronisten als Kirmesgeld. Davon kaufte er sich nun 1 Glas Bier. Innerhalb der drei Wochen waren die 2 Milliarden Reichsmark nur noch 0,06 Dollar wert.

Am 15.11.1923 folgte die Einführung der Rentenmark mit einem Tauschkurs von 1 zu 10.000.000.000 Reichsmark. Im Folgejahr kam dann der Dawes-Plan, später der Vertrag von Locarno und der Young-Plan. Die wirtschaftlichen Verhältnisse blieben schlecht. Der Schwarze Freitag 1929 brachte weitere Krisen und in wirtschaftlichen Schwierigkeiten greift man ja bekanntlich jeden Rettungsring. Radikale Kräfte erstarken von Kommunisten und Nationalsozialisten und so nahmen die 30er Jahre ihren Lauf.

Feuermänner in den Fluren unserer Gemeinde

In früheren Zeiten, als Erscheinungen noch nicht in jeder Hinsicht wissenschaftlich auseinandergenommen wurden, waren Erscheinungen von Engeln, Geistern und Dämonen noch viel verbreiteter.

Von einer Art dieser Dämonen handelt die heutige Erzählung. Diese wurde von Karl Heinz Türk in seiner Veröffentlichung „Beiträge zur Geschichte des Nörvenicher Landes“ aus dem Jahr 1980 festgehalten. Hier ist eine Schilderung unseres ehemaligen Ortsvorstehers Johann Kindgen enthalten, der ein Erlebnis seines Großvaters Tillmann Kindgen wiedergibt.

Dieser musste zur Geburt seines Sohnes Wilhelm nach Nörvenich, um eine Hebamme zu holen. Er ging durch die Krabbelsgasse, die heutige Wasserturmstraße, und neben dem Wasserturm sah er links im Feld einen Feuermann, etwa dort, wo heute der Friedhof ist.

Darstellung des Ghost Rider aus dem amerikanischen Comic „Ghost Rider“ als Anlehnung für einen Feuermann.

Was sind Feuermänner? Bei Feuermännern handelt es sich um Dämonen in Gestalt brennender, glühender Gerippe, die sich im Leben versündigt und nun büßen müssen. Ihre Erscheinung weist auf das Fegefeuer hin. Entgegen der allgemeinen Auffassung handelt es sich bei Feuermännern um freundliche Wesen, die versuchen Erlösung zu erlangen, in dem sie Menschen helfen und zur Erlösung nach Dankbarkeit streben. In der Dunkelheit leuchteten sie mit ihrer Gestalt den Weg.

So auch im Fall von Tillmann Kindgen. In der Dunkelheit wird er bis Nörvenich von diesem Dämon begleitet. Einzig um Rath macht der Feuermann einen bogen und kommt nicht mit durch den Ort. Vor Nörvenich wartet der Feuermann, um Tillmann Kindgen und die Hebamme wieder zurück zu begleiten. Auf dem ganzen Weg sagte wohl niemand ein Sterbenswörtchen. Der Hebamme blieb der Dämon verborgen.

Der Sage nach brauchte es zur Erlösung nur ein „Vergelt’s Gott“. Da dies nicht erfolgte, musste er weiter umherwandern. Aus unserer ganzen Gemeinde gibt es Berichte von solchen Erscheinungen.

In der heutigen Zeit gibt es wohl keine Erscheinungen mehr dieser Art, auch wenn so manch Trunkener sicherlich im dunklen Feld schon mal eine feurige Gestalt gesehen haben wird. Beim nächsten Mal dann ein „Vergelt’s Gott!“ in die Nacht.

Viele Grüße

Carsten Vieth

Kommunalwahl in Nordrhein-Westfalen

Die Wahllokale sind geöffnet. Alle Bürger des Landes Nordrhein-Westfalen sind aufgerufen, Ihre Stimmen bei der Kommunalwahl 2020 abzugeben.

Gewählt werden Landräte/innen und Oberbürgermeister/innen, Bürgermeister, Kreistage und Gemeinderäte sowie die Zusammensetzung der Landschaftsversammlung und das Vorschlagsrecht zur Besetzung der Ortsvorsteherstellen.

Bis 18 Uhr haben Sie Zeit in der Kita Kunterbunt (Wahlbezirk Dorweiler, Poll, Wissersheim-West) und dem Sportlerheim (Wahlbezirk Wissersheim) die Stimme abzugeben.

Wer die Nase vorn hat, sehen Sie im Internet auf der Seite der kdvz Frechen:

https://wahlen.kdvz-frechen.de/kdvz/kw2020/05358052/html5/index.html

Gehen Sie wählen, denn Nichtwählen aus Protest funktioniert nicht!

Blick in die Vergangenheit

in der Oberstraße 34 (heute Franz-Josef Weber) stand bis ca. 1965 ein Bauernhof. Hier hatte die Familie Michael Lichtschläger ihren Hof.

Kennt jemand den Hof, oder Geschichten zur Familie Michael Lichtschläger? Das heutige Haus ist in der Reihung der „historischen“ Gebäude der Oberstraße irgendwie fehl am Platz, jedoch ist es mittlerweile nicht mehr wegzudenken.

Ich denke die Wasserturmstraße, im Volksmund damals Krabbelsgasse genannt, war damals noch schmäler.Bleibt gesund!

Herzliche Grüße Carsten Vieth

Wäscherei Prautzsch

Wie Maria bereits in ihrem Beitrag vom 27. Mai über die Familie Zens im Oberdorf schrieb, hatte Wilhelm Zens am Dorfplatz (Schillerplatz) die Gastwirtschaft. Dahinter befand sich ab 1957 die Wäscherei Prautzsch.

Als Kind wurde ich immer hingeschickt, um unsere Damast Tischdecke abzuholen. Auch meine Oma hat ihre Arbeitskittel dort waschen lassen. In der Wäscherei war es warm und die Luft war von den Gerätschaften feucht, es war jedoch nicht unangenehm. Ich konnte gerade über den Tresen schauen. Die Tischdecke wurde in rosa-weißem Papier verpackt und war noch warm vom Bügeln.

In der Wäscherei arbeiteten viele Frauen aus dem Dorf. Man wurde direkt erkannt.

Irgendwann vor einigen Jahren wurde die Wäscherei geschlossen. Ein Teil der Maschinen steht noch heute in den Räumlichkeiten der Wäscherei.

Habt ihr Erinnerungen an diesen Laden, dann schreibt sie in die Kommentare!

Bleibt gesund!

Herzliche Grüße

Maibräuche

Der Mai ist nun zu Ende und etwas verspätet -durch die Schützenfest und Schreinerei Geschichten- möchte ich euch alte Bilder von früheren Maibäumen und ihren Standorten zeigen Vorgestern wäre eigentlich der Maibaum wieder abgebaut worden. In diesem Jahr ist alles etwas anders, es bleibt zu hoffen dass im nächsten Jahr die Tradition wie immer fortgesetzt werden kann.

Liebe Grüße und einen schönen Tag , Maria

Warntag 2020

Zur Info: Morgen zwischen 11 Uhr und 11:30 Uhr wird auch die Sirene auf der Kita Kunterbunt in Wissersheim laufen.Es wird lediglich ein Probealarm sein.

Seit der Neuausrichtung des Katastrophenschutzes im Bundesgebiet wird die Warnung der Bevölkerung seit wenigen Jahren regelmäßig erprobt. Dazu wurden auch im Gemeindegebiet bestehende Sirenen ertüchtigt.

Die Sirene auf der Kita lief damals praktisch bei jedem Einsatz der Feuerwehr. Am Gerätehaus gab es einen Druckknopf der die Sirene auslöste. Dies war erforderlich, weil es damals weder Funkmeldeempfänger noch Handyalarmierung der Feuerwehrangehörigen gab.

Auf dieser Seite gibt es weitere Hinweise zum Warntag 2020

Liebe Grüße, Carsten Vieth

Heinz-Willi Vieth

Den Abschluss der Vieth-Reihe bildet heute ein Bericht über Heinz-Willi Vieth. Sehr viele von euch kennen ihn ( eventuell unter „der Össer“ oder „Viethemann“ ) und wissen sicher einige Geschichten über ihn zu berichten. All das kann nicht in einem Beitrag geschrieben werden, aber ich hoffe auf Kommentare von euch die ihn gekannt und gemocht haben. Ich konzentriere mich heute vor allem auf seine Verbundenheit zum Dorf:

Heinz-Willi Vieth wurde am 18.02.1959 in Zülpich als zweites von 4 Kindern der Eheleute Maria und Wilhelm Vieth geboren. Er wuchs in einem konservativen Elternhaus auf.

Bei einem Auftritt in Erftstadt-Borr mit der Roten Rose, einem Fanfarenkorps aus Köttigen das er begleitete, traf er seine spätere Frau Marlene. Sie bekamen 2 Söhne.

Heinz-Willi machte die Lehre bei der Schreinerei Willibert Breuer in Merzenich, im Anschluss den Meisterbrief und begann dann im elterlichen Betrieb zu arbeiten. Wie gestern bereits beschrieben war er Fachmann für denkmalgeschützte Gebäude und konnte damit vieles was nicht mehr jeder Schreiner kann. Einmal wurde er in Borr sogar Karnevalsprinz.

Karnevalsprinz wurde er dann später auch in einer Scherzaktion der Feuerwehr Wissersheim, bei der er Mitglied war. In einer geheimen Aktion plante man, die örtliche Karnevalssitzung kurz vor Mitternacht zu stürmen. Im Saal wusste niemand etwas von diesem Vorhaben. Auf einmal spielte das Fanfarenkorps auf zum Einmarsch eines Wissersheimer Dreigestirns, das nur diesen Abend amtieren sollte. Literat Wilfried Strack präsentierte Prinz Heinz-Willi Vieth, Jungfrau Franziska (Franz-Willi Weber) und Bauer Josef Rheinbach. Heinz-Willi war dem Karneval zugetan. Er initiiierte die Wilden Keiler, die bis 2018 Karnevalswagen für den Wissersheimer Zug bauten. Das Bild des schwarz-weißen Keilers gehörte über Jahrzehnte zum Wissersheimer Karnevalszug dazu. Es war in Anlehnung an Heinz-Willi’s weiterem Hobby, der Jagd.

Bei Weiler in der Ebene betrieb er zusammen mit Adi Moll die Jagd.Regelmäßig gings zum Ansitzen zu Maria Holz und anschließend zum Truck Stop nach Weiler.

Der wichtigste Verein war für ihn jedoch die Schützenbruderschaft. Neben der Sankt Sebastianus Schützenbruderschaft in Wissersheim war er Mitglied bei Kunibertus Gymnich. Dass heute die neue Festhalle neben dem Sportplatz steht, ist hauptsächlich Heinz-Willi Vieth zu verdanken. Er war ein guter Netzwerker und zog viele Menschen zur Arbeit heran.Ein gelungenes Gemeinschaftsprojekt! Neben den Schützen engagierte er sich auch bei der Kirche. Viele Jahre war er Mitglied des Kirchenvorstandes. Somit war er als stellvertretender Vorsitzender der Vertreter des Pfarrers bei der weltlichen Geschäftsführung der Pfarrei. Ungefähr 20 Jahre war Heinz-Willi auch Brudermeister der St. Salvator Bruderschaft Wissersheim. Jedes Jahr ging er am zweiten Samstag nach Fronleichnam mit den Pilgern zu Fuß nach Nievenheim. Dort wurde im Duvves der Gastwirtschaft Mehl übernachtet.

Im April 2005 bekam er die Diagnose Lungekrebs. Es galt als unheilbar. Trotzdem wollte er es auf dem Schützenfest am 16. Mai 2005, hier bereits schwer von der Chemo gezeichnet, noch einmal wissen und nahm den Wettkampf um die Königswürde auf. Am 17.10.2005 verstarb Heinz-Willi im Alter von 46 Jahren.

Allen einen schönen Pfingsmontag! Herzliche Grüße, Maria

Der Brand der Schreinerei

Am 13.02.1999 ging wie immer an Karnevalsamstag der Karnevalszug in Wissersheim.Kurz nachdem der Zug beendet war kam der Alarm. Schnell waren alle Feuerwehren der Gemeinde zur Stelle. Auch die Bevölkerung war vor Ort und Leute in Zivil halfen anfangs mit. Wir standen alle auf der Nachbarwiese und sahen fassungslos zu wie die Schreinerei bis aufs Holzlager komplett ausbrannte. Dank der Wissersheimer Wehr unter Führung von Franz-Willi Weber blieben angrenzende Gebäude wie durch ein Wunder unversehrt. An diesem Tag war auch der erste Einsatz von Florian Weber, dem heutigen Löschgruppenführer, der noch als Jugendfeuerwehrmann das Strahlrohr führte, was heute undenkbar ist.

Ein Jahr nach dem Brand kam der Neuanfang. Die Schreinerei war neu aufgebaut.Im Rahmen eines großen Festes wurde sie eingeweiht. Sie sollte nicht mehr lange bestehen. Wie wir gestern hörten starb im April 2005 der Seniorchef. Eine Woche später erhielt Heinz-Willi Vieth die Diagnose Lungenkrebs, und verstarb im Oktober.

Liebe Wissersheimer, ich wünsche euch auch ohne Schützenfest ein frohes Pfingsfest, in der Hoffnung dass nächstes Jahr alles wieder so ist wie immer!

Liebe Grüße, Maria!

Die Schreinerei Vieth

Die Beiträge auf dieser Seite wurden bereits auf Facebook veröffentlicht. Wir haben uns dazu entschieden, die Beiträge auch auf dieser Seite zugänglich zumachen. Die Beiträge am heutigen Tag und in den Folgetagen wurden zu Pfingsten veröffentlicht. Daher erfolgt am Anfang des Artikels eine Referenz zum christlichen Hochfest Pfingsten.

Zu Pfingsten wird es eine Reihe von Berichten über die Familie Vieth geben. Pfingsten in Wissersheim hängt unweigerlich mit Schützenfest zusammen, und Schützenfest ohne Familie Vieth kann man sich hier nicht vorstellen.

Die Familie Heinrich Vieth (erster Vieth in Wissersheim ) stammt von Wilhelm Vieth aus Gymnich ab. Er und seine Frau hatten hatten 12 Kinder. 8 Töchter und 4 Söhne. Die Söhne wurden alle Stellmacher. Ein Stellmacher hat Wagenteile, z.B. Holzräder hergestellt. Mit der Industrialisierung wurde der Beruf des Stellmachers immer seltener.

Die ursprüngliche Stellmacherei Vieth war auf der Oberstrasse genau gegenüber der späteren Werkstatt. Dort startete Heinrich Vieth um die Jahrhundertwende. Nach ihm führte sein Sohn Stefan die Stellmacherei Vieth fort und baute gegenüber eine neue Werkstatt. Stefan Vieth war nebenher Schutzpolizist in der Zeit des Krieges. Er wurde im ersten Weltkrieg verwundet.

Wilhelm Vieth, den wir hier als Willi kennen, der Sohn von Stefan Vieth, war noch bis 1999 im Unternehmen, so lange hieß es „Schreinerei Vieth und Sohn.“

Am 13.02.1999 brannte die Schreinerei ab. Dazu morgen mehr. Ein Jahr später wurde sie wieder neu aufgebaut. Am 2.4.2005 verstarb Willi Vieth und einige Monate darauf auch sein Sohn Heinz-Willi Vieth.Seine beiden Söhne Alexander und Carsten waren noch zu jung und nicht als Schreiner ausgebildet. Also führte Marlene Vieth die Geschäfte der Schreinerei fort und verpachtete sie im Jahr 2006. 2008 meldete der Pächter jedoch überraschend Insolvenz an. Dies war das endgültige Ende der Schreinerei Vieth. Heute wird die die Werkstatt als Garage genutzt.

Maria Käufer