Wissersheim im Wandel der Zugehörigkeiten

Was wir bereits gelernt haben ist, dass Wissersheim erstmals in einer Schenkungsurkunde von Kaiser Ludwig des Frommen an seinen Vasallen Rotbert im Jahre 836 erwähnt wurde.

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Wappen der Fürstenabtei Prüm

Zunächst fiel die Besitzung Wisserheim 893 an die Abtei Prüm. Circa 300 Jahre später 1222 wurde „wizersheym“ – damalige Schreibweise – in das Stift Bad Münstereifel übergeben. Dieses Stift wurde von der Abtei Prüm selbst gegründet.

Amt Nörvenich bis 1798
Zeichnung aus M.Mausbachs Publikation Norboniacum – 1975

Wissersheim gehörte noch 300 weitere Jahre zum Stift Bad Münstereifel und wurde zum Niedergang dessen in das Amt Nörvenich eingegliedert. Das Amt Nörvenich im Jahr 1502 ist keinesfalls mit der heutigen Gemeinde Nörvenich vergleichbar. Zur damaligen Zeit gehört das Amt zum Herzogtum Jülich und bildet eines dessen Verwaltungsbezirke, wenn man das so nennen mag. Verwaltung bedeutet, dass ein Amtmann – alter Ausdruck für Beamter – zur Bestellung der öffentlichen Aufgaben bestellt wurde. In diesen Bezirk fallen die Gerichte Derichsweiler, Golzheim, Hambach, Isweiler und Nörvenich wie auch die Herrlichkeit Disternich und Herrschaften Gürzenich, Gladbach und Merode. Das Amt Nörvenich ist somit das größte innerhalb des Herzogtums Jülich.

Das alte Amt Nörvenich bestand bis zur Einnahme des Herzogtums Jülich durch die französischen Truppen im Ersten Koalitionskrieg. Das Amt wurde aufgelöst und ging in die Mairie Nörvenich des neuen Kantons Düren auf. Auch Wissersheim gehörte dieser Mairie – zu deutsch Bürgermeisterei – an. Durch die Niederlage der Franzosen und dem Wiener Kongress wurde aus der Mairie Nörvenich, wieder das Amt Nörvenich. Das Kanton wurde zum Kreis.

Dem neuen Amt Nörvenich gehörten die beiden Kirchdörfer Nörvenich und Wissersheim, sowie die Dörfer Oberbolheim, Poll, Rath und der Hof Gut Gypenbusch an. Zwar standen die Dörfer unter der gleichen Amtsverwaltung, jedoch waren sie eigene Gemeinden mit eigenen Bürgermeistern. So blieb es schließlich bis Mitte der 1960er Jahre. Wissersheim hatte einen eigenen Gemeinderat – dem meist Parteilose Mitglieder angehörten – und einen Bürgermeister – von 1952 bis 1969 Johann Kindgen.

Mitglieder des letzten Wissersheimer Gemeinderates mit Vertretern der Stadt Erftstadt
Mitglieder des letzten Wissersheimer Gemeinderates mit Vertretern der Stadt Erftstadt
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Wappen der Stadt Erftstadt

Im Rahmen der Kommunalreformen Ende der 60er Jahre wurden viele veraltete Strukturen abgelöst. So kam es dass mit Wirkung vom 01.01.1969 die Gemeinden Binsfeld, Eggersheim, Eschweiler über Feld, Frauwüllesheim, Hochkirchen, Irresheim, Nörvenich, Oberbolheim, Poll und Rath zur Gemeinde Nörvenich zusammengeschlossen. Da Wissersheim nicht mit dabei war befanden sich vom 01.01.1969 bis zum 01.07.1969 nur noch 2 Gemeinden unter Verwaltung des Amtes Nörvenich. Ab dem 01.07.1969 kam Wissersheim zur neuen Stadt Erftstadt, welche dem Kreis Euskirchen angehörte. Zu Beginn der Angehörigkeit zur Erftstadt, war Wissersheim noch eine eigene Gemeinde, ging dann aber vollkommen in der Stadt auf.

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Wappen der Gemeinde Nörvenich

Wissersheim, wie auch Pingsheim und Dorweiler waren mit Herrig, Niederberg und Borr die kleinsten Stadtteile innerhalb der Erftstadt. Bei Planungen der Stadtentwicklungen wurde ein Hauptaugenmerk auf die Zentralorte Lechenich und Liblar gelegt. Die kleinen Orte wurden hierbei vernachlässigt.

Bei den Diskussionen um die Neugliederung des Kreises Euskirchen wurde die Erftstadt an den neuen Rhein-Erft-Kreis abgegeben. Wissersheim löste sich mit Pingsheim und Dorweiler aus der Erftstadt und gingen in der Gemeinde Nörvenich auf. Hier befanden sich die Orte nun in einer Gemeinde mit Orten der gleichen Größe. Johann Kindgen – bis 1969 letzter Bürgermeister Wissersheims – war noch bis 1981 Ortsvorsteher und Ratsherr.

 

„Fieren liever, dan sie fasten“

Darstellung Dreiszigjaehriger Krieg
Zeitgenössiche Darstellung des Dreißigjährigen Krieges – So wird es wohl auch bei uns in der Region ausgesehen haben

Juelicher LoeweViele Wissersheimer haben bestimmt schon mal von diesem Spruch gehört, können aber nichts damit anfangen. „Fieren liever, dan sie fasten“ ist ein 500 Jahre alter Spruch der noch heute eine recht gute Beschreibung der Wissersheimer Bevölkerung ist. In der Reformationszeit, so um das 16. Jahrhundert befindet sich Wissersheim unter Verwaltung des Herzogs von Jülich. In Regelmäßigkeit finden Visitationen statt, worüber sich noch heute Protokolle finden. In einem Bericht vom 10. Juni 1550 heißt es „Fieren lieber, dan sie fasten“

Diese Bemerkung über Wissersheim fällt in eine Zeit großer Entbehrungen in der Region. Kaiser Karl V., welcher als Karl II. König von Spanien war und Herzog Wilhelm von Jülich lagen im Streit. Im Jahr 1543 kam es zum Aufeinandertreffen. Die wehrhaften Bauern aus den Ämtern Düren, Nideggen und Nörvenich – hierzu gehörte auch Wissersheim – mussten sich in Düren sammeln. So kam es, dass sich hier ein Heer von 1.000 geharnischten Rittern und weiteren 18.000 Mann Fußvolk versammelten. Im entgegen stand der Kaiser, welcher in Nörvenich quartier bezog. Seine spanischen Legionäre, wurden in den umliegenden Orten untergebracht. Wohl auch in Wissersheim. Wenn die Wissersheimer zu dieser Zeit zum Feiern aufgelegt waren, wird dies wohl kaum an heutige Maßstäbe reichen. Möglicherweise verstanden es die Wissersheimer jedoch, besser mit schweren Umständen klar zu kommen.

Doch es blieb nicht bei diesem einen Konflikt. In der Umgebung tobte der Kölnische Krieg zwischen Kölner Erzbischof Gebhard Truchseß – hatte sich zum Protestantismus bekannt – und dem neuen Erzbischof Ernst von Bayern.

Die heutige Stadt Kerpen befand sich zu Anfang des 16. Jahrhunderts unter spanischer Herrschaft. Im Jahr 1578 wurde die Stadt von den Holländern erobert. Im folgenden Jahr belagerten die Spanier Kerpen und gewannen es am Dreikönigstag zurück. Wir können leicht erahnen, dass die Nähe zu Kerpen wohl ebenfalls seine Auswirkungen auf unseren Ort gehabt haben wird.

Später sorgte der Dreißigjährige Krieg dafür, dass die Nachbarorte Eggersheim, Dorweilerm Hochkirchen, Irresheim, Poll und Rath 7 Jahre weitestgehend menschenleer gewesen sein sollen. Gleiches ist von Wissersheim nicht verzeichnet.

Durch unsere Historie ziehen sich weitere blutige Spuren.

Wenn also über unsere Bevölkerung gesagt wurde „Fieren liever, dan sie fasten“ kann man dies wahrlich als Kompliment verstehen. Bedeutet es doch, dass die Wissersheimer es verstanden mit dieser schweren und entbehrlichen Zeit klar zu kommen und das beste hieraus zu machen.